3. November 2017

NSU-Untersuchungsausschuss: Aussage von Sonia M. bringt Aufklärung keinen Schritt weiter

Die GRÜNEN im Landtag sind enttäuscht von der Aussage der Zeugin Sonia M. im NSU-Untersuchungsausschuss zum Tatort des Kasseler Mordes. „Wir hatten gehofft, Hinweise darauf zu finden, wie die Mörder ihre Opfer oder die Tatorte auswählten und ob sie bei der Vorbereitung möglicherweise von Mitgliedern der rechtsradikalen Szene unterstützt wurden – damit sind wir leider keinen Schritt weiter gekommen“, erklärt Jürgen Frömmrich, Obmann der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Untersuchungsausschuss. „Nach eigenen Angaben kannte Sonja M. das Internetcafé, in dem Halit Yozgat ermordet wurde, nicht, wusste nichts von den rechtsextremen Kontakten ihrer damaligen Mitinhaftierten Corryna G. und konnte auch sonst nichts zur Aufklärung beitragen.“

Sonja M. war vorgeladen worden, weil zuvor die Zeugin Corryna G., die nach eigenen Angaben bis 2003 der rechtsextremen Szene in Nordhessen angehörte, ausgesagt hatte, sie sei von ihrer früheren Mitgefangenen Sonja M. auf das Internetcafé hingewiesen worden. „Der Untersuchungsausschuss schließt nicht aus, dass diese Aussage von Corryna G. frei erfunden war, und wird die Staatsanwaltschaft bitten zu prüfen, ob eine Falschaussage vorliegt.“

Außerdem sagte Wilhelm Kanther als Zeuge aus, der 2012 vom damaligen hessischen Innenminister Boris Rhein mit dem Projekt einer Neuausrichtung des Verfassungsschutzes beauftragt wurde („Kanther-Kommission“). „Nach seiner Einschätzung hat es seit dem Kassler Mord einen grundlegenden Mentalitätswandel im Landesamt für Verfassungsschutz gegeben, auch durch einen Generationenwechsel von durch den Kalten Krieg geprägten ,Schlapphüten‘ zu modernen Verfassungsschützern“, erläutert Frömmrich. „Wilhelm Kanther sagte, seiner Ansicht nach wären die Chancen für eine frühe Enttarnung einer rechtsextremen Terrorzelle heute viel höher, unter anderem weil sich der Informationsfluss und die Zusammenarbeit mit anderen Behörden deutlich verbessert hätten. Er habe sich unter anderem erfolgreich dafür eingesetzt, V-Leute professioneller zu führen, die Einstufung von Akten als ,geheim‘ oder ,streng geheim‘ weniger restriktiv zu handhaben und die Fähigkeit des Amtes zu verbessern, einmal beschaffte Informationen auch vernünftig auszuwerten.“